Frauen und Kinder zuletzt
Eine temporäre Intervention zum Thema Frauen und Kinder auf der Flucht um 1945 und heute.

Der Wandel der Elemente auf der Erde ist ein wichtiger Bestandteil des Selbsterhaltungsprozesses. Wir nennen es Ökosystem. Der Mensch gehört unmittelbar dazu, auch die Völkerwanderung, die durch Krieg und Vertreibung verursacht wird. Ohne Wanderbewegung wären wir heute nicht dort angekommen, wo wir jetzt sind. Nach dem II. Weltkrieg erfuhren Deutschland und Polen eine der größten Völkerwanderung des 20. Jahrhunderts in Europa. Heute sind wir alle ZeugInnen historischer Massenmigration. In den Nachrichten sehen wir meistens Berichte über Männer, die vor dem Krieg fliehen, jedoch seltener wird über weibliche Flüchtlinge und ihre Schutzlosigkeit berichtet.

                Auch Grenzen und ihre Verschiebung verursachen Massenbewegung. Der heutige Mauerweg ist ein Beispiel davon, wie Grenzbauten Schicksale beeinflussten. Der Mauerweg entlang des Teltowkanals in Berlin ist zu einem Mahnmal geworden, das Generationen dramatisch prägte. Die Flüchtlinge Peter und Karl-Heinz, die 1963 und 1966 den Kanal überqueren wollten, wurden von den Wachen ermordet. Diese symbolische Kraft des Mauerweges nutze ich in der temporären Ausstellung über Frauen und Kinder auf der Flucht, um auf ihre gefährliche Schutzlosigkeit hinzuweisen.Wir, ZeugInnen der aktuellen Geschehnisse haben einen psychologischen Filter,eine imaginäre Mauer gebildet, um die Informationsflut über Flüchtlinge zu verarbeiten. Die Schicksale der weiblichen Flüchtlinge, die zu uns aus der weiten Ferne kommen, berühren uns persönlich nicht. Den Schicksalen der vertriebenen Frauen nach dem II. Weltkrieg begegnen wir anders, weil diese Frauen unsere Omas, Mütter und Schwestern sind. In dieser Zusammenhang ist eine emotionale Distanz zu dem Thema Flucht sehr schwer.

                Den Dokumentarfotos der Ausstellung begegnen die BetrachterInnen auf dem Spazierweg unvorbereitet. Die Bilder sind entlang des Teltowkanals in unregelmäßigen Abständen platziert. Sie stehen sowohl einzeln als auch in Zweier- und Dreiergruppierungen. Die Auswahl der fotografischen Arbeiten ist auf elf begrenzt. Die Bilder zeigen Momentaufnahmen aus dem Leben auf der Flucht polnischer und deutscher Frauen um 1945 und Frauen und Kinder aus den arabischen und afrikanischen Ländern von heute. Jedes Bild ist mit einem realen Schicksal verbunden. Die Abbildungen werden einheitlich in schwarz/weiß gehalten, damit sie in der romantischen Landschaftskulisse des Teltowkanals den BetrachterInnen irritieren. Die Bilder bilden Module, die in einer Reihe, in einem bestimmten Blickwinkel wie ein Zaun aussehen. Diese optische Täuschung ist eine symbolische Darstellung der Mauer, die in unseren Köpfen noch vorhanden ist.  

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